17.02.2023

Gamla Linköping – wie ein mutiger Kommunalpolitiker seine Stadt konservierte

Dem traditionellen Linköping drohte aufgrund einer Abrisswelle in den 1940er-Jahren das Vergessen. Ein Kommunalpolitiker hatte etwas dagegen. So entstand das Freilichtmuseum Gamla Linköping, das bis heute zu spannenden Zeitreisen einlädt.

Dass Lennart Sjöberg einmal eine wichtige Rolle in der Stadtgeschichte Linköpings einnehmen wird, war dem jungen Kommunalpolitiker in den 1940er-Jahren vermutlich nicht bewusst. Er war maßgeblich dafür verantwortlich, dass Schwedens siebtgrößte Stadt heute eine landesweit bekannte Sehenswürdigkeit zu bieten hat: Gamla Linköping.

Rasante Stadtentwicklung
Die Stadt, rund 200 Kilometer südwestlich von Stockholm gelegen, avancierte in den 1940er-Jahren in rasantem Tempo zur Industriestadt. Hier siedelten sich viele neue Unternehmen an, allen voran die Flugzeugproduktionsstätte von Saab. Mit der Industrie kamen die Menschen. Doch dies führte zu einer ernstzunehmenden Wohnungsknappheit.

Die Verwaltung musste reagieren. Neue Wohnungen und Büroräume sowie breitere Straßen mussten her. Einige alte Häuser aus dem historischen Stadtzentrum wurden abgerissen. Doch Lennart Sjöberg wollte das so nicht hinnehmen. Er wurde zum Retter des alten Linköpings. Den Antrag, den er in den Stadtrat einreichte, sollte ein "Skansen für Östergötland" schaffen. Das Skansen ist als ältestes Freilichtmuseum der Welt das bekannte Vorbild aus Stockholm (hier findet ihr unseren SchwedenPur-Artikel dazu).

Lebendiges Viertel für alle
Und so wurde 1949 tatsächlich viele alte Häuser aus dem Stadtzentrum umgesiedelt. Ins neue Areal des Freilichtmuseums Gamla Linköping. "Von Anfang an", sagt Maria Ackerfors, Eventmanagerin des Freilichtmuseums", wurde beschlossen, dass Gamla Linköping nicht nur ein Museum sein sollte, sondern auch ein lebendiges Viertel mit Handwerksläden, Restaurants und Privatwohnungen." 

Gamla Linköping lädt alle – Einheimische wie Besuchende – zu einer Zeitreise in die Vergangenheit einer schwedischen Kleinstadt auf dem Land ein. Im alten Stadtviertel stehen die Holzhäuser, umgeben von kleinen Hinterhöfen und schönen Gärten. Über die kopfsteingepflasterten Gassen geht es weiter zu den Ausstellungen im alten Postamt, in der Druckerei oder im historischen Lebensmittelladen.

Ausflug in den Wald
Ein kurzer Spaziergang durch das Naturschutzgebiet des anliegenden Valla-Waldes bringt die Besucherinnen und Besucher zum Valla-Hof, dem ländlichen Teil des Museums, mit Bauernhoftieren und Häusern, die die Geschichte des ländlichen Raums demonstrieren. Im Wald gibt es zahlreiche Waldwege und Picknickplätze sowie einen Erlebnispfad, auf dem man mehr über die schwedischen Tiere und die Natur erfährt.

"Im Sommer wird die Geschichte hier besonders lebendig, mit vielen Aktivitäten für Kinder und Erwachsene", erzählt Maria Ackerfors. "Man kann zum Beispiel mit einem Pferdewagen fahren, bei alltäglichen Arbeiten im Haushalt mithelfen oder wie früher in die Schule gehen." Gerade die Weihnachtszeit, wenn die Gassen und Häuser gemütlich illuminiert sind und der Weihnachtsmarkt aufgebaut ist, erzeugt hier aber auch im Winter eine ganz besondere Stimmung. "Jede Jahreszeit hat ihre eigene Schönheit", meint Maria Ackerfors.

Kostenloser Zugang aufs Gelände
Der Besuch im Freilichtmuseum ist kostenlos. Nur für einige Veranstaltungen außer der Reihe, wie das Theater im Sommer, wird eine geringe Gebühr erhoben. In der Hauptsaison sind die Geschäfte von 11 bis 17 Uhr geöffnet. Das Gelände selbst ist durchgehend zugänglich.

Zuletzt wurde übrigens 2019 ein Soldatenhaus aus dem frühen 19. Jahrhundert auf das Gelände des Freilichtmuseums verlegt, genau 70 Jahre nachdem das erste Haus hierhin umgezogen war. Es legte den Grundstein von Gamla Linköping. Und so wurde das Projekt des Kommunalpolitikers Lennart Sjöberg zu einem Ort, der bis heute das alte Leben in Schweden und besonders Linköping authentisch und nahbar konserviert.

Hier finden Sie Reisen und Sehenswertes zum Artikel

Dieser Beitrag wurde geschrieben von:

Leon

Leon liebt das Reisen und bekommt nie genug davon, Neues zu entdecken. Seine Neugier lotste ihn schon bis nach Japan, Guatemala und auf die Fidschi-Inseln. Im hohen Norden aber fühlt er sich am wohlsten. Im Winter liebt er es, sich in der lappländischen Schneewelt der Natur hinzugeben. Im Sommer genießt der studierte Journalist besonders Schwedens einzigartige, maritime Küstenwelt. Schweden ist für Leon ein Kaleidoskop des Reisens: aufregend, abwechselnd, anders. Im Land der Mitternachtssonne erlebt er bei jeder Reise aufs Neue, was SchwedenPur bedeutet.


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